Klimaschutz im Gebäudesektor: Wie sinnvoll sind Sanierungen?
Letztes Update: 19.07.2022
Rund ein Drittel aller CO₂-Emissionen stammen aus dem Gebäudesektor, da die meisten Gebäude in der EU noch mit fossilen Brennstoffen beheizt werden. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die EU-Kommission sich die Überarbeitung der Richtlinie zur Energieeffizienz von Gebäuden (EPBD) vorgenommen hat. Bis 2050 sollen nun sämtliche Gebäude in der EU klimaneutral werden. Bis 2030 sollen Wohngebäude mindestens der Energieeffizienzklasse F, nur drei Jahre später der Energieeffizienzklasse E entsprechen. Außerdem sollen ab 2030 nur noch emissionsfreie Häuser gebaut werden, die ganz ohne fossile Brennstoffe beheizt werden. Für Eigentümer könnten diese neuen Auflagen herausfordernd werden, da sich viele möglichst zügig um eine Sanierung ihrer Immobilien kümmern müssen. In diesem Artikel fasst McMakler zusammen, was Sie als Eigentümer und Vermieter wissen müssen.
Bestandsimmobilien belasten die deutsche Klimabilanz am meisten
Der Klimaschutz soll im Gebäudesektor konsequent priorisiert werden. Im Dezember des letzten Jahres entschied die EU-Kommission, dass bis 2030 alle Wohngebäude in der EU die Energieeffizienzklasse F, bis 2033 die Energieeffizienzklasse E erreicht haben sollen. In Deutschland werden Immobilien jeweils in die Effizienzklassen A bis H+ eingeteilt. Während feste Regularien bei neuen Immobilien bereits für höhere Energieeffizienzstandards sorgen, gibt es bei Bestandsimmobilien in Deutschland hohen Nachholbedarf. Eine Auswertung von Energiekennwerten der durch McMakler (McEnergieausweis) ausgestellten Energieausweise zeigt, dass rund 67 Prozent der vor 1969 gebauten Wohnimmobilien die negativen Energiekennwerte F, G oder H aufweisen. Dieser Altbestand macht 42 Prozent der untersuchten Immobilien aus. Bestandsimmobilien belasten die deutsche Klimabilanz somit am meisten.
„Deutsche Bestandsimmobilien brauchen dringend eine Generalüberholung. Kurz- und mittelfristig, um unsere Energie-Unabhängigkeit zu stärken und damit die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Und langfristig, um den Gebäudebestand in Deutschland klimafreundlich zu machen”
- Felix Jahn, CEO und Gründer von McMakler.
Wie teuer wird die erste Sanierung?
Die erste Sanierung auf die Energieeffizienzklasse F würde in Deutschland etwa 2,3 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser sowie 100.000 Mehrfamilienhäuser betreffen. Viele Immobilienbesitzer machen sich deswegen Gedanken bezüglich der Kosten, die die energetische Sanierung mit sich bringen würde. Der CEO der SIM-Gruppe, Benjamin Spieler, ist auf die Sanierung von Bestandsgebäuden spezialisiert und geht von Sanierungskosten in Höhe von rund 1.000 bis 1.200 Euro pro Quadratmeter aus. Eigentümer einer 100 m2 großen Immobilie müssen demnach mit Kosten bis zu 120.000 Euro rechnen.
Immobilieneigentümer sind mit den Kosten keineswegs allein gelassen. Wer wenig Kapital in der eigenen Kasse hat, kann auf eine staatliche Finanzierung zurückgreifen. Die von McMakler in Auftrag gegebene YouGov Studie zeigt jedoch, dass nur 22 Prozent der befragten Immobilienbesitzer bereits eine staatliche Förderung in Anspruch genommen haben. Rund 41 Prozent der Befragten planen dagegen weder heute noch in Zukunft eine staatliche Finanzierung zu nutzen. Die Förderprogramme werden teilweise als intransparent empfunden. Rund 13 Prozent der Immobilienbesitzer, die noch keine staatliche Förderung in Anspruch genommen haben, wissen nicht, welche Fördermöglichkeiten es überhaupt gibt.
Felix Jahn, CEO und Gründer von McMakler, fordert deswegen, dass sich die Förderprogramme der Bundesregierung zur energetischen Sanierung stärker an Immobilienbesitzer von Bestandsimmobilien richten sollten. Ebenfalls empfiehlt er die öffentliche Bewerbung von vorhandenen Förderprogrammen und deren Vorteilen.
Förderung lohnt sich
Je energieeffizienter das Haus und je nachhaltiger die Sanierungsmaßnahme ist, desto höher fällt auch die Fördersumme für die energetische Sanierung aus. Benjamin Spieler rät, die Immobilie über den Mindeststandard hinaus zu fördern. Somit lässt sich vermeiden, dass der Immobilienbesitzer in ein paar Jahren erneut auf den Mindeststandard sanieren muss. Zudem profitieren Besitzer von attraktiven Zuschüssen für aufwändige Sanierungsprojekte.
Für die energetische Sanierung sind sowohl Zuschüsse als auch Kredite verfügbar. Die KfW bietet beispielsweise das Programm 461 und die Wohngebäudekredite 261 sowie 262 an. Das Programm 461 unterstützt Bauherren oder Kaufinteressenten beim Neubau oder Ersterwerb eines KfW-Effizienzhauses. Der Bezieher der Förderung erhält einen Sanierungszuschuss von bis zu 75.000 Euro je Wohneinheit sowie einen Bauzuschuss bis zu 37.500 Euro je Wohneinheit.
Bei den Wohngebäudekrediten 261 und 262 handelt es sich dagegen um Kredite, die für die Sanierung, den Neubau oder den Kauf eines Effizienzhauses beantragt werden können.
Mietshäuser sollen ab 2024 dem Energieeffizienzhaus 70 entsprechen
Auch Mietshäuser sind von den Klimazielen nicht ausgeschlossen. Mietshäuser sollen ab 2024 ganze 30 Prozent weniger Energie verbrauchen als das Musterhaus, das im Gebäudeenergiegesetz (GEG) definiert ist. Ziel ist das Energieeffizienzhaus 70. Für Vermieter gibt es ohnehin Anreize für die Sanierung: angesichts der steigenden Öl-, Gas- und Strompreise kann durch eine energetische Optimierung an Nebenkosten gespart werden. Allein die Fassadendämmung reduziert den Wärmeverbrauch der Immobilie um fast ein Fünftel.
Effizienzhäuser:
Effizienzhäuser sind Gebäude, die besonders energieeffizient gebaut sind und deswegen eine höhere Energieeffizienz erreichen als gesetzlich vorgegeben. Die Kennzahl des Effizienzhauses gibt dabei an, wieviel Prozent der Energie eines Standard-Neubaus das Effizienzhaus verbraucht. Ein Effizienzhaus 40 verbraucht beispielsweise nur 40 Prozent der Energie, die ein Standard-Neubau verbraucht.
Unsanierten Immobilien droht in Zukunft der Werteverlust. Bereits jetzt zeigen Investoren und Mieter vermehrt Interesse an energetisch optimierten Immobilien, da diese langfristig weniger Mehrkosten verursachen. Auch die Regierung fordert immer höhere Standards. Das Standard-Effizienzhaus wird regelmäßig erhöht. So erlosch vor kurzem die Neubauförderung für das Effizienzhaus 55 und wurde durch die Förderung des Effizienzhauses 40 ersetzt. Das Effizienzhaus 40 soll aber wiederum in 3 Jahren zum Mindeststandard werden. Auch bei Bestandsimmobilien gilt ein Mindeststandard von Effizienzhaus 115. Bis 2024 soll das Energieeffizienzhaus 70 zum Standard werden. Anfang dieses Jahres wurde auch die CO2-Steuer eingeführt, die Immobilieneigentümer dazu motivieren soll, eine umweltfreundlichere Heizung einzubauen und die Gebäude besser zu dämmen. Eine moderne Heizung kann bis zu 30 Prozent der von einer alten Heizung verursachten Heizkosten einsparen.
Ein Werteverlust der Immobilie beeinflusst die ortsübliche Vergleichsmiete, die bestimmt, wie hoch die Miete ist, die der Vermieter verlangen darf.
Energetische Sanierungen – Der Weg zur Klimaneutralität im Gebäudesektor?
Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg fand heraus, dass ineffiziente Gebäude ein Energiesparpotenzial von 77 bis 79 Prozent haben. Würden alle Bestandsimmobilien der Effizienzklassen G und H zu Effizienzhäusern 55 saniert werden, könnten die Treibhausgasemissionen um 52 bis 64 Millionen Tonnen reduziert werden. Ein durchschnittliches, unsaniertes Einfamilienhaus von 150 Quadratmetern verursacht einen jährlichen CO2-Ausstoß von knapp 14 Tonnen. Allein durch eine Sanierung auf den energetischen Mindeststandard des heutigen Neubaus können rund 8,4 Tonnen CO₂ pro Jahr eingespart werden.
Doch die energetische Sanierung lohnt sich nicht nur aus Gründen des Umweltbewusstseins, sondern ist langfristig sogar kostengünstiger als eine unsanierte Immobilie. Immobilienbesitzer können durch eine energetische Sanierung bis zu 52 Prozent Energie sparen. Insbesondere angesichts der steigenden Energiekosten ist dieser Vorteil nicht zu unterschätzen. Die Kosten für die energetische Sanierung amortisieren sich schnell und bei vermieteten Immobilien können die Mehrkosten sogar auf den Mieter umgelegt werden. Zudem steigert eine energetische Sanierung den Wert der Immobilie. Spätestens beim Verkauf können sich Immobilienbesitzer über einen ordentlichen Gewinn freuen.
Obwohl die energetische Sanierung viele Vorteile verspricht, scheuen sich viele Eigentümerinnen und Eigentümer vor deren Aufwand und Kosten. Oft wird sie als “unwirtschaftlich” bezeichnet – zu Unrecht, denn energetisch sanierte Häuser sparen enorm an CO₂ und laufenden Nebenkosten. Die größte Hürde auf dem Weg zur Klimaneutralität ist also nach wie vor ein unzureichendes Informationsangebot. Viele Eigentümerinnen und Eigentümer sind nicht ausreichend über die Effekte der energetischen Sanierung informiert. Um die Klimaneutralität im Gebäudesektor voranzutreiben, bedarf es also an mehr Informationen für Eigentümerinnen und Eigentümer. Nur so können die Klimaziele bis 2030 realisiert werden.