Bauliche Maßnahmen - Bedeutung für die Eigentümergemeinschaft
Letztes Update: 21.09.2021
Mit der Novellierung des Wohneigentumsgesetzes (WEG) zum 1. Dezember 2020 erhielten Eigentümergemeinschaften neue Rechte und Pflichten. Nachdem das WEG zuvor fast 70 Jahre lang fast unverändert gegolten hatte, gibt es nun eine ganze Reihe von Möglichkeiten für Eigentümergemeinschaften, bauliche Anpassungen von Immobilien schneller und leichter umzusetzen. In diesem Beitrag erklären wir, was es mit den sogenannten privilegierten Maßnahmen auf sich hat, was genau zu dieser Kategorie zählt und welche neuen Optionen die WEG-Reform für die Eigentümergemeinschaft eröffnet.
Neue Rechte und Pflichten für die Eigentümergemeinschaft
Im Jahr 1951 wurde das Wohneigentumsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Im häufig kurz WEG genannten Gesetz werden seither grundlegende Aspekte des gemeinschaftlichen Lebens und Entscheidens in Eigentümergemeinschaften organisiert. Fast 70 Jahre später wurde das WEG schließlich umfassend novelliert und reformiert, um den sich mittlerweile gewandelten Ansprüchen und Lebensrealitäten gerecht zu werden. Die Rechte und Pflichten der Eigentümergemeinschaft sind mit der WEG-Reform also neu justiert.
Diese Regelungen betreffen rund zehn Millionen Menschen in Deutschland. Einer der wichtigsten Punkte der WEG-Reform betrifft die Art und Weise, wie Entscheidungsfindungen über die Immobilie stattfinden können. Außerdem regelt das Gesetz, welche Sanierungsmaßnahmen in Eigentümergemeinschaften von vorrangigem Interesse und damit privilegiert sein sollen. Bislang war es mitunter nämlich gar nicht so leicht für eine Eigentümergemeinschaft, einen Konsens über vorzunehmende bauliche Maßnahmen zu finden. In der ursprünglichen Version des WEG mussten entweder alle oder ein sehr hoher Teil der Eigentümer zustimmen, um bauliche Maßnahmen an der Immobilie auf den Weg zu bringen. Das bedeutet: Viele Vorhaben konnten schnell blockiert werden, wenn bestimmte Parteien partout nicht von ihnen zu überzeugen waren.
Privilegierte Maßnahmen: Warum bestimmte Baumaßnahmen erleichtert werden
Mittlerweile gibt es neben den subjektiven Ansprüchen der Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft eine ganze Reihe gesellschaftliche Bedingungen und Umstände, die vor fast 70 Jahren noch keine wesentliche Rolle gespielt haben. Das WEG benennt in seiner Neufassung unter Paragraph 20 Abs. 2 darum privilegierte Maßnahmen, deren Umsetzung erleichtert werden soll, weil sie von gesellschaftlicher Bedeutung sind.
Die WEG-Reform hat die Beschlussfähigkeit der Eigentümergemeinschaft grundsätzlich erleichtert. Ein Quorum (also eine vorgeschriebene Zahl anwesender stimmberechtigter Mitglieder) mit einfacher Mehrheit genügt, um bauliche Maßnahmen beschließen zu können. Die sogenannten privilegierten Baumaßnahmen sind sogar für einzelne beziehungsweise wenige Miteigentümer umsetzbar, auch wenn sie damit auf der Eigentümerversammlung in der deutlichen Unterzahl sind. In diesem Falle müssen sie anfallende Kosten selbst tragen, dürfen aber die privilegierten Modernisierungsmaßnahmen auch gegen den Willen der Mehrheit umsetzen.
Privilegierte Maßnahmen für Einbruchschutz, Barrierefreiheit, Ladestationen und Internetzugang
Privilegierte Baumaßnahmen, die für eine Eigentümergemeinschaft leichter umsetzbar werden, dienen:
dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung
dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge
dem Einbruchschutz
dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität
Barrierefreiheit: Alters- und gesundheitsgerechtes Bauen und Wohnen
Für Menschen mit Behinderung und deren Angehörige erlaubt die WEG-Reform, praktisch eigenständig eine individuell nachteilige bauliche Struktur zum eigenen Vorteil anzupassen. Damit ist es beispielsweise möglich, Rampen und Geländer zu errichten, um den Zugang mit Rollstühlen, Rollatoren oder auch Kinderwagen zu erleichtern. Aber auch akustische oder visuelle Hilfen können künftig leichter installiert werden.
Klimaschutz im Eigenheim: Ladestationen für E-Autos
In der alten Version des WEG gab es keine Regelung, die über einen Einbau von Ladestationen für E-Autos bestimmte. Somit konnten Miteigentümer bislang keinen Anspruch auf eine bauliche Veränderung geltend machen. Um eine Ladestation für das eigene Elektro-Auto oder eine Wallbox errichten zu können, war die Zustimmung der Miteigentümer nötig. In der neuen Fassung kann ein solches Vorhaben leichter umgesetzt werden. Aber: Die Kosten für die Installation können nicht auf die Eigentümergemeinschaft umgelegt werden.
Einfach sicherer: Bauliche Maßnahmen zum Einbruchschutz
Die WEG-Reform stärkt ebenfalls den Aspekt Sicherheit in der Eigentümergemeinschaft. Baumaßnahmen, die den Einbruchsschutz und die Sicherung des Objektes gewährleisten, sind nun auch gegen den Willen der Eigentümerversammlung umsetzbar. Auch in diesem Fall gilt jedoch, dass Initiatoren der Maßnahmen die Kosten dafür nicht umlegen können, sondern allein tragen.
Schnelles und leistungsstarkes Internet im Eigenheim
Auch das Recht auf schnelle und leistungsstarke Telekommunikation wird in der WEG-Reform bedacht. Bauliche Maßnahmen, die einen modernen Internet- und Telefon-Zugang gewähren, dürfen ohne die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft umgesetzt werden. Allerdings muss sich auch in diesem Fall jeder Bauherr selbstständig und auf eigene Kosten um den Ausbau kümmern, wenn die Eigentümergemeinschaft diese Maßnahme nicht mitträgt.