Erbbaurecht: Bauen ohne eigenes Grundstück
Letztes Update: 11.04.2022
Beim Erbbaurecht handelt es sich um das Recht, eine Immobilie auf einem fremden Grundstück zu erwerben oder zu bauen. Die Erbpacht kann für Familien mit wenig Eigenkapital eine Alternative zum Grundstückskauf sein, die es ihnen ermöglicht, auch ohne Grundbesitz ein Eigenheim zu besitzen.
Im Falle eines Erbbaurechts gehört dem Erbbaurechtsgeber das Grundstück. Der Erbbaurechtsnehmer erhält ein Nutzungsrecht für das Grundstück und ist gleichzeitig der Eigentümer der Immobilie. Die gesetzliche Grundlage der Erbpacht bildet das „Gesetz über das Erbbaurecht“ oder „Erbbaurechtsgesetz” (ErbbauRG). Das Gesetz wurde 1919 mit dem Ziel erlassen, dass sich auch Familien mit geringeren Einkommen unter Zuhilfenahme der Erbbaurechte ein Eigenheim leisten können, ohne Grundstückseigentümer zu sein. Aber wie genau funktioniert das eigentlich mit der Erbpacht? Welche Begriffe sollten Sie kennen und welche Faktoren eines Erbbaurechts beachten? Die Antworten auf Fragen rund um das Erbbaurecht sowie die Vor- und Nachteile für Erbbaurechtsnehmer und Erbbaurechtsgeber erklären wir Ihnen in diesem Ratgeber-Artikel von McMakler.
Das Wichtigste zusammengefasst:
Was ist unter Erbbaurecht zu verstehen?
Die Erbpacht ermöglicht es, eine Immobilie auf einem fremden Grundstück zu bauen oder zu besitzen. Das Grundstück bleibt bei der Erbpacht im Besitz des Erbbaurechtsgebers. Als Erbbaurechtsnehmer entschädigen Sie den Erbbaurechtsgeber für die Nutzung des Grundstücks mit dem zu zahlenden Erbbauzins. Das Erbbaurecht wird umgangssprachlich auch Erbpacht genannt. Die Erbpacht ist seit 1947 verboten, allerdings hält sich der Begriff Erbpacht weiterhin als Synonym für das Erbbaurecht, welches gesetzlich erlaubt ist.
Was passiert bei Ablauf der Erbpacht?
Nach Ablauf der Erbpacht erlischt das Erbbaurecht und die Immobilie geht in den Besitz des Erbbaurechtgebers über. Der Erbbaurechtnehmer erhält dafür meist eine vorher festgelegte Entschädigung. Am Ende der Laufzeit, die in der Regel zwischen 60 und 99 Jahren beträgt, kann jedoch auch eine Vertragsverlängerung vereinbart werden.
Wie sind die Eigentumsverhältnisse beim Erbbaurecht geregelt?
Bei der Erbpacht sind die Eigentumsverhältnisse klar geregelt. Das Erbbaugrundstück bleibt im Eigentum des Erbbrauchrechtgebers. Der Erbbaurechtnehmer hingegen ist der Eigentümer des Hauses und erhält ein Nutzungsrecht für das Grundstück.
1. Was ist ein Erbbaurecht und wie funktioniert die Erbpacht?
Für das Erbbaurecht (auch bekannt als Erbpacht) ist ein Erbbauzins an den Grundstückseigentümer zu zahlen. Als Belastung des Grundstücks bedarf das Erbbaurecht zu seiner Entstehung der Einigung zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigtem und der Eintragung im Grundbuch, und zwar nur an erster Rangstelle. Das eingetragene Erbbaurecht wird behandelt wie ein Grundstück (grundstücksgleiches Recht, Erbbaugrundbuch). Der Erbbauberechtigte wird Eigentümer des von ihm errichteten Bauwerks, das gemäß § 95 BGB kein wesentlicher Bestandteil des Grundstückes wird. Für das Grundstück (auch Erbpachtgrundstück) wird dem Erbbauberechtigten die Nutzung eingeräumt.
Funktionsweise vom Erbbaurecht
Erbbaurecht ist das beschränkte dingliche Recht, auf einem fremden Grundstück ein Gebäude zu errichten bzw. zu besitzen. Der Erbbaunehmer zahlt dabei einen Erbbauzins an den Grundstückseigentümer. Anstatt das Grundstück zu kaufen, erwirbt der Erbbauberechtigte (auch Erbpächter oder Erbbaunehmer) also durch Abschluss eines Erbpachtvertrages das Recht, ein Gebäude auf einem fremden Grundstück zu besitzen bzw. zu bauen. Das jeweilige Grundstück verbleibt im Eigentum des Erbbaugebers und Grundstückbesitzers, während der Erbbaunehmer rechtmäßiger Eigentümer der Immobilie ist und auch so im Grundbuch eingetragen wird. Die Immobilie ist nach § 95 BGB kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.
Ein Grund, sich als Erbbaugeber für ein Erbbaurecht zu entscheiden, sind die regelmäßigen Zahlungen. Zudem kann das Grundstück eventuell zu einem späteren Zeitpunkt besser verkauft werden. Die Zahlungen, welche aus dieser "Miete" des Grundstücks entstehen, nennt man Reallast. Anders als bei einer Hypothek oder Zinsen muss das Erbringen der Schuld, welche aus der Reallast hervorgeht, nicht monetär geleistet werden.
Diese Vorgehensweise bietet für den Erbbaunehmer den Vorteil, dass lediglich das Haus gekauft werden muss, nicht aber das Erbpachtgrundstück. Dafür muss allerdings in regelmäßigen Abständen die Reallast beglichen werden.
2. Was muss beim Erbbaurecht beachtet werden?
Der Erbbauzins
Als Gegenleistung für das Einräumen des Erbbaurechts bekommen Verpächter den sogenannten Erbbauzins, oft auch Erbpachtzins genannt. Die Höhe des Erbbauzinses für den Erbbauberechtigten ist nicht gesetzlich vorgegeben und wird zwischen Pächter und Verpächter individuell vereinbart. In der Regel beträgt der Zins ca. drei bis fünf Prozent vom aktuellen Grundstückswert.
Meistens ist die Erbpacht nicht für die komplette Dauer des Erbpachtvertrages festgesetzt und eine Anpassungsklausel im Erbpachtvertrag sieht vor, dass sie später angehoben werden kann, sodass der zu zahlende Betrag für die gesamte Dauer des Vertrages dem Wert des Grundstücks entspricht und der Grundstückseigentümer sich vor einer Geldentwertung schützen kann. Die Wichtigkeit des steigenden Erbbauzinses für den Verpächter erschließt sich vor allem vor dem Hintergrund der langen Vertragslaufzeiten des Erbbaurechts.
Jeder Grundbesitzer kann Bauland verpachten
In Deutschland ist es das gute Recht eines jeden Grundstückseigentümers, die Erbbaurechte seines eigenen Baulands zu verpachten. Die einzige Voraussetzung ist, dass man als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.
In der Vielzahl der Fälle werden Bebauungsrechte jedoch nicht von Privatpersonen vergeben. Meistens sind es Kommunen, Gemeinden, Kirchen, Stiftungen, öffentliche Einrichtungen oder Unternehmen, die ihren Boden auf diese Weise vermarkten. Gerade die Kirche als größter Grundbesitzer in Deutschland tritt oft als Verpächter in Erscheinung, dort wird das System der Erbbauverordnung (ErbbauVO) allerdings eher zur Unterstützung finanziell schwacher Familien genutzt, um auch in solchen Fällen den Hauskauf zu ermöglichen. Dabei ist das Erwirtschaften eines Gewinns nicht die vorrangige Intention des Kreditgebers.
Privatleute dagegen nutzen eher selten die Möglichkeit, mit ihrem Besitz Einnahmen zu erzielen, ohne ihn endgültig zu verkaufen.
Was ist Pacht? Infos gibt es in unserem Lexikon!
Das Erbbaugrundbuch
Das Erbbaurecht ist ein dingliches Recht, was bedeutet, dass eine Person, der Grundstückseigentümer, zur unmittelbaren Herrschaft über eine Sache, das Land, welches von dem Erbbauberechtigten bebaut werden soll, berechtigt ist Deswegen muss das Erbbaurecht immer an erster Rangstelle im Grundbuch eingetragen werden. Tatsächlich muss mit der Bestellung eines Erbbaurechts für das betreffende Grundstück sogar ein eigenes Grundbuch, das Erbbaugrundbuch, eingerichtet werden. Die Eintragung wird laut Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO) notariell bestätigt.
Ende der Laufzeit des Erbbaurechtsvertrags
Nach Ablauf der im Vertrag vereinbarten Laufzeit erlischt das Erbbaurecht laut Erbbaurechtsvertrag. Das auf dem Grundstück errichtete Bauwerk ist nun per Gesetz Eigentum des Grundstückbesitzers. Dafür hat der Erbbauberechtigte Anspruch auf eine vertraglich vereinbarte Entschädigung, sofern dies im Vorhinein im Vertrag vereinbart wurde. In der Regel beträgt diese Entlohnung zwei Drittel des Verkehrswertes und liegt dabei zum Nachteil des Erbbaurechtnehmers recht deutlich unter dem Gebäudewert.
Üblicherweise beträgt die Laufzeit des Erbbaurechtsvertrages 99 Jahre, grundsätzlich ist der Zeitraum aber frei verhandelbar. In der Regel beträgt dieser Zeitraum 60-99 Jahre. Das Erbbaurecht ist außerdem vererb- und veräußerbar. Nach dem Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) ist eine Verlängerung dieses Vertrags grundsätzlich möglich, sofern sich beide Parteien darauf einigen. Mit einer Verlängerung der bestehenden Vertragsbeziehung erwächst jedoch kein Recht auf eine Entschädigung für das errichtete Bauwerk des Erbbaurechtsnehmers.
Die vorzeitige Aufhebung des Erbbaurechtsvertrages ist grundsätzlich möglich, jedoch nur im Einvernehmen beider Parteien. Eine Ausnahme bildet der Heimfall.
Der Heimfall
Der sogenannte Heimfall tritt dann ein, wenn der Erbbauberechtigte oder die Erbbauberechtigten den Pachtzins nicht mehr zahlen können oder auf andere Art und Weise gegen vertragliche Vereinbarungen verstoßen. In diesem Fall entsteht der sogenannte Heimfallsanspruch: Der Eigentümer kann dann den Vertrag vorzeitig aufheben und sein Grundstück zurückverlangen. Ein Szenario, wie beispielsweise der dringliche Eigenbedarf des Grundstückeigentümers, sollte vertraglich ausgeschlossen werden.
Die Kosten
Eine Immobilie auf einem Erbbaugrundstück zu besitzen ist mit zahlreichen Kosten verbunden. Der wohl größte Kostenpunkt ist der Erbbauzins, der in der Regel rund 5 Prozent vom Grundstückswert beträgt und in den meisten Fällen jährlich an den Grundstückseigentümer entrichtet wird. Darüber hinaus trägt der Erbbaurechtsnehmer als Eigentümer der Immobilie die Kosten für die Gebäudeversicherung, die Grundsteuer und weitere öffentliche Lasten sowie die laufenden Instandhaltungs- und Modernisierungskosten.
Mitspracherecht des Erbbaugebers
Der Erbbaurechtsgeber hat in der Regel ein Mitspracherecht bei bestimmten Entscheidungen. Welche das genau sind, wird im Erbbaurechtsvertrag vereinbart. Denkbar sind zum Beispiel ein Mitspracherecht bzgl. der Bebauung oder Nutzung des Grundstücks.
Vorkaufsrechte
Erbpachtverträge enthalten grundsätzlich Regelungen über Vorkaufsrechte. Es kann beiden Parteien ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden, wenn zum Beispiel der Erbbraurechtsgeber/Verpächter das Grundstück verkaufen will oder der Erbbaurechtsnehmer/Pächter die Immobilie veräußern möchte. Der Pächter kann vom Verpächter jedoch nur zwei Drittel vom Verkehrswert der Immobilie einfordern, falls dieser von seinem Vorrecht Gebrauch machen möchte.
3. Was sind die Vorteile des Erbbaurechts?
Der Erbbaurechtsvertrag kann auch Personen mit weniger Eigenkapital die Möglichkeit bieten, in den eigenen vier Wänden auf dem Boden eines anderen Grundstückeigentümers zu wohnen, wenn der Grundstückskauf zum Beispiel aus finanzieller Sicht nicht möglich ist. Daher ist die Erbpacht besonders mit Blick auf die steigenden Immobilienpreise von Vorteil.
Bei der Erbpacht fallen nur Kosten für den Hausbau und den dauerhaft zu entrichtenden Erbbauzins an. Man spart sich den auf einmal zu zahlenden Kaufpreis für das Grundstück. Ein weiterer Vorteil des Erbbaurechts, ist, dass es die Möglichkeit bietet, Zugang zu attraktiven Bauplätzen in sonst sehr kostspieligen Ballungszentren zu erhalten, auch wenn der Grundstückseigentümer nicht bereit ist, sein Grundstück zu verkaufen. Das Erbbaurecht ist vor allem in Zeiten interessant, in denen die Hypothekenzinsen höher als die Erbbauzinsen sind.
Auch aus der Sicht des Grundstückeigentümers hat das Schließen eines Erbbauvertrags seine klaren Vorzüge. Zwar bleibt der ganz große Erlös, den beispielsweise eine komplette, konventionelle Veräußerung nach sich ziehen würde, aus, dafür kann sich der Eigentümer über regelmäßige Einnahmen freuen. Zudem ist es perspektivisch eine nicht undenkbare Möglichkeit, dass das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt mehr Gewinn generieren würde, als es das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses täte. Ein späterer Verkauf bleibt schließlich nicht ausgeschlossen.
4. Was sind die Nachteile des Erbbaurechts?
Genauso, wie die Vorteile verlockend scheinen mögen, sind bei genauerem Hinsehen auch einige bedenkliche Nachteile abzuwägen:
Der zu entrichtende Erbbauzins kann höher sein als die Zinsen für eine Baufinanzierung, sodass eine Pacht durch die Addierung der Zinsen am Ende teurer werden kann als eine Hypothek oder ein Kredit.
Erbbauberechtigte sind aufgrund der Anpassungsklauseln der Gefahr ausgesetzt, im Laufe der Zeit steigende Erbbauzinsen zahlen zu müssen.
Erbbauzinsen laufen bis Ende der Vertragslaufzeit weiter, ohne dass man das Grundstück wie bei der Tilgung eines Kredits irgendwann sein Eigen nennen kann.
Erbbauberechtigten fällt es schwerer, einen Hausverkauf zu initiieren, als Grundstückseigentümern. Oft brauchen sie bei einem vorzeitigen Verkauf die Zustimmung des Grundstückseigentümers. Zudem sind Häuser, die auf Erbbaugrund errichtet wurden, weniger begehrt und erzielen dementsprechend niedrigere Verkaufspreise. Aber auch der Wert des Grundstückes kann durch ein bestehendes Erbbaurecht negativ beeinflusst werden.
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Erbbaurecht und Grunderwerbsteuer
Auch wenn Sie beim Erbbaurecht keinen Boden kaufen, müssen Sie Grunderwerbsteuer zahlen. Die Höhe der Grunderwerbsteuer berechnet sich durch den Jahreswert des Erbbauzinses, den Vervielfältiger bzw. Kapitalwert (Anlage 9 BewG), den Steuersatz und die Gegenleistung. Die Höhe der Grunderwerbsteuer variiert je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent.
Beispiel: Berechnung der Grunderwerbsteuer bei Erbbaurecht in Berlin
Eckdaten:
Jahreswert: 2.400 Euro
Laufzeit: 60 Jahre
Vervielfältiger: 17,93
Grunderwerbsteuersatz in Berlin: 6,0 Prozent
Berechnung Grunderwerbsteuer:
= Jahreswert x Vervielfältiger x Grunderwerbsteuersatz
= 2.400 Euro x 17,93 x 6
= 2.581,92 Euro
5. Wann lohnt sich ein Erbbaurecht?
In bestimmten Situationen kann es sich insgesamt durchaus lohnen, Gebrauch vom Erbbaurecht zu machen. Durch den Wegfall des Grundstückspreises kann der notwendige Kredit klein gehalten werden. Für Menschen mit nicht ausreichendem Kapital und ohne ausreichende Sicherheiten, kann das die einzige Möglichkeit sein, ein eigenes Haus zu besitzen.
Grundsätzlich sollte die Entscheidung für oder gegen Erbbau aber sehr gut überlegt sein. Rein finanziell gesehen stehen Käufer in Zeiten von Niedrigzinsen nach Tilgung ihres Kredits besser da als Erbbaunehmer. Die Zinsen für einen Kredit bei der Bank sind zurzeit niedriger, als die Erbbauzinsen. Dazu kommt, dass die Erbbauzinsen in regelmäßigen Abständen erhöht werden können. Bei einer Laufzeit von 99 Jahren kann die Pacht gegen Ende also wesentlich höher ausfallen als am Anfang.
Auch bei einem gepachteten Grundstück gilt es, sich an den örtlichen Bebauungsplan zu halten. Detaillierte Informationen dazu haben wir für Sie in einem gesonderten Ratgeber-Artikel zusammengestellt.
Grundsätzlich lässt sich also sagen: Wer kann, sollte nicht pachten, sondern kaufen.
Lesetipp
Weitere Informationen zu den Themen “Bodenwert” und “Baugrundstück” finden Sie in unseren Ratgeber-Artikeln.
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