Hammerschlagsrecht – Zutritt auf fremden Grund und Boden
Letztes Update: 26.07.2023
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Zäune dienen zumindest im Immobilienrecht zu mehr als nur zum Blickschutz. Sie grenzen Grundstücke und somit Besitzverhältnisse ab: Wer sich unerlaubt beim Nachbarn aufhält, begeht rechtlich gesehen Hausfriedensbruch. Doch was tun, wenn Bau- oder Sanierungsmaßnahmen das Begehen eines Nachbargrundstücks erforderlich machen? Keine Sorge: In diesem Fall können Sie auf Ihr Hammerschlagsrecht pochen. Erfahren Sie dazu in diesem Lexikonbeitrag mehr.
Das Hammerschlagsrecht schnell erklärt
Das Hammerschlagsrecht ist ein Begriff aus dem Immobilienrecht. Damit gemeint ist die Berechtigung eines Immobilienbesitzers, ein an seine Immobilie angrenzendes Grundstück zu betreten. Der Zutritt beim Nachbarn ist in Deutschland unter bestimmten Umständen erlaubt. Nämlich immer dann, wenn es für Bau- oder Sanierungsarbeiten erforderlich ist, diese vom anliegenden Grundstück aus auszuführen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Haus zu dicht am Zaun steht, um Dämmarbeiten an der Fassade durchzuführen.
Gut zu wissen:
Neben dem Hammerschlagsrecht gibt es noch das Leiterrecht. Dieses erlaubt Immobilienbesitzern, unter anderem eine Leiter oder ein Baugerüst auf einem Nachbargrundstück aufzustellen oder Geräte zu lagern, wenn dies für bestimmte Bau- oder Sanierungsarbeiten nötig ist. Die beiden Begriffe werden oft als „Hammerschlags- und Leiterrecht“ zusammengefasst
Hammerschlagsrecht auf dem Nachbargrundstück: Wann die Regelung greift
Für das Zutrittsrecht beim Nachbarn muss es sich um dringende und notwendige Maßnahmen handeln. Reine Verschönerungsarbeiten wie etwa ein neuer Fassadenanstrich reichen nicht als Grund. Außerdem muss es für den Bauherren zwingend erforderlich sein, auf das Nachbargrundstück auszuweichen. Wäre es nur einfacher für ihn und gäbe es eine andere Möglichkeit, greift das Hammerschlagsrecht nicht. Es sei denn, die Baukosten oder technischen Anforderungen würden für den Bauherren in einem für ihn unverhältnismäßigen Grad ansteigen. Dann ist in der Regel von dem gesetzlichen Zutrittsrecht auszugehen.
Weiterhin gilt: Der Immobilienbesitzer muss seinen Nachbarn vorher – und am besten schriftlich –
über die gewünschte Nutzung seines Grundstücks informieren, sonst gilt das Hammerschlagsrecht nicht. Wie viel Vorlauf nötig ist, unterscheidet sich zwischen den Bundesländern. Die Informationsfristen sind in den Nachbarrechtsgesetzen der Länder geregelt und belaufen sich auf zwei Wochen bis zu einem Monat. Mitzuteilen sind der Grund für das Zutrittsbegehren, welche Bau- und Sanierungsmaßnahmen geplant sind und auf welchen Zeitraum und welche Uhrzeiten die Beeinträchtigungen fallen.
Wenn der Nachbar „Nein“ sagt
Sind die genannten Gegebenheiten erfüllt, ist der Nachbar zur Duldung verpflichtet. Das Hammerschlagsrecht gilt sogar dann, wenn er es stillschweigend hinnimmt. Eine offizielle Zustimmung ist also nicht erforderlich. Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn der Nachbar den Zutritt verbietet. Dann ist eine Einigung vor Gericht nötig, um die Nutzung des Nachbargrundstücks für Bauarbeiten oder Sanierungsmaßnahmen durchzusetzen. Anrainer sollten sich allerdings gut überlegen, ob es sinnvoll ist, sich querzustellen: Stellt sich vor Gericht heraus, dass der Bauherr im Recht ist, muss der Nachbar für etwaige Schäden durch Verzögerungen der Bau- oder Sanierungsarbeiten aufkommen.
Beim Nachbarn: Wie sich Bauherren verhalten müssen
Wer sich auf dem Grundstück seines Nachbarn bewegt, ist zu Gast und sollte sich entsprechend benehmen. Das bedeutet: Umsicht mit Blumen, Beeten und Rasenflächen walten zu lassen sowie die gesetzlichen Ruhezeiten einzuhalten. Die Arbeiten über das angrenzende Grundstück sollte der Bauherr außerdem so kurz wie möglich halten – wenige Tage oder Wochen. Eine über Monate andauernde Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks ist nämlich nicht über das Hammerschlagsrecht abgedeckt. Nach getaner Arbeit sind die Flächen in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Das bedeutet beispielsweise, neue Rasensaat auszubringen, neue Blumen zu pflanzen oder einen Zaun wieder richtig aufzustellen.
Hammerschlagsrecht: Was bei Schäden passiert
Schäden an jeglichem Eigentum des Nachbarn, die durch die Baumaßnahmen entstanden sind, müssen repariert oder ersetzt werden. Eine Ausnahme bilden für gewöhnlich Bagatellschäden. Das können beispielsweise geringe Verschmutzungen auf dem Grundstück oder lediglich leicht eingedrückte Rasenflächen sein.
Sonderfälle:
Je nach Bundesland darf der Nachbar im Einzelfall sogar vorab eine Sicherheitszahlung für zu erwartende Schäden verlangen. Es kann darüber hinaus sein, dass ein Nachbar grundsätzlich Anspruch auf eine Entschädigung für die Nutzung seines Grundstücks geltend macht oder es tut, falls die angezeigten Arbeiten länger als vereinbart andauern. So darf er im Einzelfall etwa eine Entschädigung in Höhe der ortsüblichen Miete für einen dem benutzten Grundstücksteil vergleichbaren Lagerplatz verlangen. Hierfür gibt es allerdings keine allgemeingültige Regelung. Mögliche Entschädigungsansprüche sind im Einzelfall gerichtlich festzustellen und bilden in der Praxis eher die Ausnahme.
Fazit: Bauen und Sanieren vom Nachbargrundstück aus
Das Hammerschlagsrecht erlaubt es, für sonst nicht durchführbare Bau- und Sanierungsarbeiten das Grundstück des Anrainers zu nutzen. Wer bauen oder sanieren will, sollte allerdings nicht direkt auf sein Recht pochen. Suchen Sie lieber zunächst das Gespräch mit Ihrem Gegenüber und versuchen Sie Ihren Wunsch im nachbarschaftlichen Rahmen zu klären. Den Nebenmann entsprechend der im jeweiligen Bundesland geltenden Gesetzeslage rechtzeitig über das Vorhaben aufzuklären, gehört dazu. Im Zweifelsfall oder je nach nachbarschaftlichem Verhältnis sollten Sie sich zudem juristisch beraten lassen. Denn beim Hammerschlagsrecht können – wie bei vielen anderen Themen im Immobilienbereich – Ausnahmen für den Einzelfall gelten. Grundsätzlich sollten übliche und schnell erledigte Arbeiten vom anderen Grundstück aus aber kein Problem darstellen.