Kettenschenkung: Wann ist sie sinnvoll und erlaubt?
Letztes Update: 17.09.2024
Themen auf dieser Seite
- Was ist eine Kettenschenkung?
- In welchen Fällen kommt eine Kettenschenkung praktisch zur Anwendung?
- Fallstricke der steuerlichen Kettenschenkung: Ist sie überhaupt zulässig?
- Kettenschenkung mit Schamfrist: Wie lange dauert sie?
- Wann ist die Kettenschenkung bei einer Immobilie von Vorteil?
- Kettenschenkung: Steuerersparnis mit Vorbehalten
Wenn eine Schenkung einen bestimmten Betrag überschreitet, wird eine Schenkungssteuer fällig. Um dies bei größeren Geldwerten oder einer Immobilie zu umgehen, wird manchmal von der Kettenschenkung Gebrauch gemacht: Dabei wird ein Teil des Betrages zunächst an eine dritte Person verschenkt. In welchen Fällen eine Kettenschenkung zur Anwendung kommt und welche rechtliche Grauzone dabei zu beachten ist, erfahren Sie hier.
Was ist eine Kettenschenkung?
Im Unterschied zu einer Erbschaft, die erst nach dem Tod anfällt, handelt es sich bei einer Schenkung um eine freigebige Zuwendung unter Lebenden, ähnlich wie z.B. wenn Sie ein Haus überschreiben. Beispielsweise möchte ein Großvater seiner Enkeltochter noch zu seinen Lebzeiten eine Wohnung schenken oder eine Tante bedenkt ihren Neffen mit einem größeren Geldbetrag. Eine solche Schenkung ist allerdings nur steuerfrei, wenn sie den Freibetrag nicht übersteigt. Je nach Verwandtschaftsverhältnis gibt es dafür gesetzlich genau festgelegte Grenzen. Wenn diese deutlich überschritten werden, kann eine Kettenschenkung in Betracht kommen, bei der ein Teil des Schenkwertes zunächst auf jemand anderen übergeht.
Ein Beispiel: Ein Vater möchte seiner Tochter einen hohen Geldbetrag schenken, der den Freibetrag für eine Schenkung zwischen Vater und Kind von 400.000 Euro übersteigt. Der Schenkwert soll nämlich bei insgesamt 800.000 Euro liegen. Damit seine Tochter für die übrigen 400.000 Euro keine hohe Schenkungssteuer zahlen muss, überträgt der Vater diesen Betrag zunächst an seine Ehefrau, wobei er sich innerhalb des Freibetrages von 500.000 Euro zwischen Eheleuten bewegt. Als Mutter der gemeinsamen Tochter kann sie ihr die Geldsumme zu einem späteren Zeitpunkt steuerfrei schenken, da zwischen Mutter und Tochter wiederum ein steuerlicher Freibetrag von 400.000 Euro ausgeschöpft werden kann.
Im Folgenden sehen Sie einige Beispiele für Freibeträge bei der Schenkungssteuer, wobei sich diese immer auf einen Zeitraum von zehn Jahren beziehen. In der nächsten Dekade kann derselbe Schenkwert wieder steuerfrei ausgeschöpft werden.
Ehepaare und eingetragene Lebenspartner: 500.000 Euro
Kinder: 400.000 Euro
Enkel und Urenkel: 200.000 Euro
Geschwister, Nichten und Neffen: 20.000 Euro
Schwiegerkinder: 20.000 Euro
Nicht verwandte Beschenkte: 20.000 Euro
Wichtig:
Die Höhe der Schenkungssteuer richtet sich zum einen nach dem zu versteuernden Schenkungswert und zum anderen nach der Steuerklasse des oder der Beschenkten.
In welchen Fällen kommt eine Kettenschenkung praktisch zur Anwendung?
Von der Kettenschenkung wird nicht nur wie im obigen Beispiel dann Gebrauch gemacht, wenn das eigene Kind einen hohen Wert erhalten soll, der den Schenkungssteuer-Freibetrag überschreitet. Theoretisch sind vielfältige Szenarien denkbar, in denen eine Kettenschenkung finanziell vorteilhaft sein kann. Dies gilt beispielsweise für Verwandtschaftsverhältnisse, in denen keine sonderlich hohen Freibeträge geltend gemacht werden können. So kann eine Schwiegermutter ihrem Schwiegersohn nur maximal 20.000 Euro steuerfrei schenken. Soll der Schenkungswert größer sein, könnte sie die Differenz zunächst an ihre eigene Tochter übertragen. Später gibt diese den entsprechenden Wert an ihren Ehemann weiter.
Merke:
Bei der Kettenschenkung werden mehrere Freibeträge ausgeschöpft, um die Schenkungssteuer zu reduzieren. Dazu wird Vermögen oder eine Immobilie verschenkt und anschließend wieder verschenkt.
Fallstricke der steuerlichen Kettenschenkung: Ist sie überhaupt zulässig?
Kettenschenkungen bewegen sich oftmals in einer rechtlichen Grauzone. Sie bergen das Risiko, dass das Finanzamt die Kettenschenkung als direkte Zuwendung des Schenkenden an den zuletzt Beschenkten wertet. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat indessen in einem Urteil entschieden, dass Kettenschenkungen prinzipiell rechtmäßig sind, sofern eine Reihe von Rahmenbedingungen erfüllt sind. Die wichtigste Voraussetzung besteht darin, dass die zuerst beschenkte Person frei über die Schenkung verfügen kann und nicht dazu verpflichtet wird, diese im Anschluss weiterzugeben. Außerdem muss die zweite Schenkung bereits abgeschlossen sein, bevor eine weitere Schenkung angedacht wird.
Tipp:
Eine Schenkung von relevantem Wert sollte stets formlos dem Finanzamt gemeldet werden, und zwar gleichermaßen von der Seite des Schenkenden sowie des Beschenkten. Dies muss innerhalb einer Frist von drei Monaten geschehen. Die Meldung ist auch dann nötig, wenn der Schenkungswert den steuerlichen Freibetrag nicht übersteigt.
Kettenschenkung mit Schamfrist: Wie lange dauert sie?
In der Praxis stellt sich bei der Kettenschenkung oft die Frage, wie lange man warten sollte, bis die Immobilie oder das Geldvermögen weiterverschenkt werden. Experten empfehlen in jedem Fall, bei der Kettenschenkung eine angemessene Schamfrist einzuhalten, um mögliche Probleme von vornherein zu vermeiden. Allerdings gibt es keine konkrete rechtliche Vorgabe dazu, sodass sich die Angaben zumeist auf Erfahrungswerte und Einzelfallbeobachtungen stützen. Häufig findet sich die Empfehlung, bei der Kettenschenkung eine Zeitspanne von mindestens ein bis zwei Jahren verstreichen zu lassen, bevor eine erneute Schenkung in Angriff genommen wird.
Wann ist die Kettenschenkung bei einer Immobilie von Vorteil?
Ob bei der Kettenschenkung eine Immobilie, ein Grundstück oder eine Geldsumme weitergegeben wird, macht in Bezug auf die steuerlichen Freibeträge keinen wesentlichen Unterschied. So ermittelt die Steuerbehörde bei einem Haus, ob dessen Wert innerhalb des Freibetrages für eine Schenkung liegt oder diesen übersteigt. Allerdings gründet eine solche Wertermittlung oftmals auf eher allgemeinen Daten wie dem Bodenrichtwert und bezieht individuelle Ausstattungsmerkmale der Immobilie zumeist nicht ein, sodass möglicherweise von einem zu hohen Schenkungswert ausgegangen wird. Eine weitere Besonderheit bei Wohneigentum liegt dann vor, wenn zwei Eheleute oder eingetragene Lebenspartner das Haus oder die Eigentumswohnung selbst nutzen. Möchte beispielsweise der Ehemann seiner Frau die Immobilie schenken, muss dafür keine Schenkungssteuer gezahlt werden, sodass eine Kettenschenkung hier keine weiteren Vorteile brächte.
Doch wann kann die Kettenschenkung bei einer Immobilie sinnvoll sein? Ein Beispiel: Ein Großvater möchte sein Haus an seinen Enkel verschenken. Die Immobilie hat einen Wert von 400.000 Euro. Bei einer direkten Schenkung ließe sich jedoch nur ein Freibetrag von 200.000 Euro ausschöpfen und der Enkel müsste auf die restlichen 200.000 Euro eine Schenkungssteuer entrichten. Überträgt der Großvater das Haus zunächst auf seinen eigenen Sohn, fällt hingegen keine Schenkungssteuer an, da der Wert des Hauses den Freibetrag von 400.000 Euro nicht übersteigt. Gleiches gilt, wenn der Sohn das Haus wiederum seinem Sohn schenkt.
Achtung:
Bei der Kalkulation der Schenkungssteuer für eine Immobilie spielt auch die Frage eine Rolle, ob der Schenkende diese weiterhin bewohnen oder anderweitig nutzen und somit von seinem Nießbrauchrecht Gebrauch machen will. Denn der Nießbrauch mindert den Wert des Hauses, sodass bei Schenkung oder Kettenschenkung gegebenenfalls niedrigere Schenkungssteuern anfallen.
Kettenschenkung: Steuerersparnis mit Vorbehalten
Eine Kettenschenkung kann einen großen finanziellen Vorteil mit sich bringen, da die Freibeträge mehrerer Schenkungsvorgänge für ein und dasselbe Immobilienobjekt oder eine bestimmte Geldsumme ausgenutzt werden können. Andererseits bergen Kettenschenkungen ein gewisses rechtliches Risiko, das sich durch bestimmte Rahmenbedingungen wie die Freiwilligkeit der Schenkung durch die „Mittelsperson“ sowie eine angemessene Schamfrist reduzieren lässt. Da über die rechtliche Zulässigkeit oftmals im Einzelfall entschieden wird, ist es in jedem Fall ratsam, vor einer möglichen Kettenschenkung rechtliche Beratung einzuholen.