Der Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen
Letztes Update: 19.04.2022
Themen auf dieser Seite
- Was bedeutet Pflichtteilsergänzungsanspruch?
- Wer kann den Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen?
- Wann verjährt der Pflichtteilsergänzungsanspruch?
- Wie wird die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs berechnet?
- Wer bezahlt die Pflichtteilsergänzung?
- Welche Zuwendungen sind vom Pflichtteilsergänzungsanspruch ausgenommen?
Durch den gesetzlichen Pflichtteil oder auch Pflichtteilsanspruch haben Sie, selbst wenn Sie der Erblasser vom Erbe ausgeschlossen hat, Anspruch auf eine gesetzlich festgelegte Mindestbeteiligung am Erbe. Mit dem Pflichtteilsergänzungsanspruch wird zudem sichergestellt, dass Sie auch an den Schenkungen des Erblassers, die dieser in den letzten 10 Jahren seines Lebens getätigt hat, einen Pflichtteilsanspruch haben. Hierdurch versucht der Gesetzgeber zu verhindern, dass Erblasser durch das Verschenken ihres Vermögens den Pflichtteilsanspruch umgehen. Worauf beim Pflichtteilsergänzungsanspruch zu achten ist, wann dieser verjährt und vieles mehr, verraten wir Ihnen in diesem Artikel.
Was bedeutet Pflichtteilsergänzungsanspruch?
Im Falle der Enterbung haben pflichtteilsberechtigte Personen Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils aus dem Nachlass. Damit der Erblasser diesen Pflichtteilsanspruch nicht durch Schenkungen an Dritte zu seinen Lebzeiten umgehen kann, hat der Gesetzgeber in § 2325 BGB den Pflichtteilsergänzungsanspruch normiert. Schenkungen des Erblassers, die in den letzten 10 Jahren vor dem Versterben des Erblassers getätigt wurden, führen demnach zu einer Ergänzung des Pflichtteilsanspruchs zugunsten der Pflichtteilsberechtigten. Ausgenommen von der 10-Jahres-Regel sind Schenkungen an den Ehegatten oder die Ehegattin. In diesem Fall werden alle Schenkungen, die während der gesamten Ehezeit getätigt wurden, berücksichtigt. Die Quote des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist genauso hoch wie die Quote des gesetzlichen Pflichtteils.
Verschenkte Gegenstände, z.B. wenn Sie ein Haus überschreiben, werden so behandelt, als wären diese noch Bestandteil des Nachlasses. Erhalten Sie Kenntnis von einer Schenkung, die in den letzten 10 Lebensjahren des Erblassers getätigt wurde, können Sie sich an den oder die Erben wenden, um Ihren Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend zu machen. Wie hoch die Ergänzung des Pflichtteils ausfällt, erklären wir Ihnen ebenfalls in diesem Artikel.
Wer kann den Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen?
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch gilt nur für jene Personen, die auch im Erbfall als Pflichtteilsberechtigte gelten. Dabei handelt es sich um Ehepartner, Kinder, Enkelkinder oder, sofern keine Kinder vorhanden sind, auch die Eltern des Erblassers. Für alle anderen Angehörigen gilt der Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht.
Wann verjährt der Pflichtteilsergänzungsanspruch?
Die Verjährungsfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch beträgt 3 Jahre und ist dabei unabhängig von der Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruches am Nachlass. Die Frist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte von der Schenkung erfahren hat, zu laufen. So kann der Pflichtteilsberechtigte auch noch viele Jahre nach der Schenkung seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen.
Achtung
Die maximale Verjährungsfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch beträgt 30 Jahre.
Wie wird die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs berechnet?
Bei der Berechnung der Höhe der Pflichtteilsergänzung gilt in Deutschland seit 2010 das sogenannte Abschmelzungsmodell. Dies bedeutet, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch, der aus einer Schenkung entsteht, jedes Jahr seit dem Zeitpunkt der Schenkung um 10 Prozent schmilzt. Für Sie als Pflichtteilsberechtigten würde dies bedeuten, dass Sie innerhalb des ersten Jahres nach der Schenkung noch 100 Prozent des Pflichtteils erhalten. Sind die 10 Jahre nach der Schenkung allerdings erst einmal verstrichen, gehen Sie leer aus.
In diesen Fällen gilt das Abschmelzungsmodell nicht
Zwei Fälle sind vom Abschmelzungsmodell ausgenommen und wirken sich somit nicht auf die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs aus:
Schenkungen unter Ehegatten
Schenkungen einer Immobilie mit Wohn- oder Nießbrauchrecht zugunsten des Erblassers
Wer bezahlt die Pflichtteilsergänzung?
Grundsätzlich haften, wie auch beim gesetzlichen Pflichtteil, der Erbe oder bei mehreren Erben die Erbengemeinschaft für den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Ist allerdings nicht ausreichend Nachlass vorhanden, um den Pflichtteilsergänzungsberechtigten zu befriedigen hat dieser gem. § 2329 BGB einen Anspruch gegen den zuletzt Beschenkten. In diesem Fall können Berechtigte “von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern”.
Welche Zuwendungen sind vom Pflichtteilsergänzungsanspruch ausgenommen?
Nach § 2330 BGB sind sogenannte Pflicht- und Anstandsschenkungen beim Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht zu berücksichtigen. Wenn Sie Dritten also beispielsweise am Geburtstag, an Weihnachten, zur Hochzeit oder zu einer bestandenen Prüfung ein Geschenk machen, handelt es sich dabei um Anstandsschenkungen, die nicht zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch führen. Bei Pflichtschenkungen handelt es sich um Schenkungen, die aus einer sittlichen Pflicht heraus entstehen.