Scheidung: Was ist im Trennungsjahr zu beachten?
Letztes Update: 15.06.2023
Themen auf dieser Seite
- Was ist ein Trennungsjahr?
- Zerrüttungsprinzip: Wann gilt die Ehe als gescheitert?
- Was ist im Trennungsjahr zu beachten?
- Gibt es Ausnahmen vom Trennungsjahr?
- Trennungsjahr und gemeinsames Haus: Behalten oder verkaufen?
- Gibt es im Trennungsjahr einen Unterhaltsanspruch der Ehegatten untereinander?
- Trennungsjahr: Frühzeitig um finanzielle Aspekte kümmern
Wenn Sie Ihre Ehe scheiden lassen möchten, müssen dafür bestimmte Kriterien erfüllt sein. Eine wichtige Voraussetzung für eine rechtskräftige Scheidung ist das sogenannte Trennungsjahr. Was bei Trennung und Scheidung im Trennungsjahr zu beachten ist, welche Ausnahmen es gibt und was Eigentümer einer gemeinsamen Immobilie wissen sollten, erfahren Sie in diesem Lexikonbeitrag.
Was ist ein Trennungsjahr?
Wenn sich Ehepartner wegen unüberbrückbarer Differenzen oder aus anderen Gründen dazu entschließen, künftig dauerhaft getrennte Wege zu gehen, stellt das Trennungsjahr einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Scheidung dar. In Deutschland und in vielen anderen Ländern ist das Trennungsjahr meistens eine Voraussetzung dafür, dass die Ehe rechtskräftig geschieden werden kann. Konkret heißt dies: Das Paar muss mindestens ein Jahr lang getrennt leben. Erst nach diesem Trennungsjahr lässt sich die Scheidung einreichen. Die Frist dient dazu, den Eheleuten die Möglichkeit zu geben, ihre Entscheidung zu überdenken und gegebenenfalls zu einer Versöhnung zu kommen. Ist dies nach Ablauf des Trennungsjahres nicht der Fall und die Partner haben nicht wieder zusammengefunden, kann die Scheidung eingereicht werden.
Zerrüttungsprinzip: Wann gilt die Ehe als gescheitert?
Bis zur Reform des Ehe- und Familienrechts im Jahr 1977 galt bei Scheidungen das Schuldprinzip: Die Ehe wurde geschieden, wenn sich ein Ehepartner ehewidrig verhalten hatte, etwa in Form eines Ehebruchs. Das Schuldprinzip führte oftmals zu langwierigen und konfliktreichen Scheidungsverfahren, bei denen die Ehepartner versuchten, die Schuld für das Scheitern der Ehe dem jeweils anderen Partner zuzuschreiben. Schließlich musste die im Scheidungsverfahren nach damaligen Maßstäben als schuldig festgestellte Partei einigen Nachteilen in Bezug auf ihre Unterhaltspflichten beziehungsweise -rechte entgegenblicken.
Das Schuldprinzip wurde mit der Reform des Scheidungsrechts durch das Zerrüttungsprinzip abgelöst: Seither werden – laut § 1565 Absatz 1 Satz 1 BGB – Ehen dann geschieden, wenn sie als „gescheitert“ angesehen werden und die Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht zu erwarten ist. Das Trennungsjahr spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Ehezerrüttung nachzuweisen. So wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass die Ehe gescheitert ist, wenn
das Trennungsjahr abgelaufen ist,
beide Ehegatten einen Scheidungsantrag eingereicht haben oder
ein Ehegatte die Scheidung eingereicht und der Antragsgegner zugestimmt hat.
Gut zu wissen:
Sind drei Trennungsjahre abgelaufen, wird die Ehezerrüttung als unwiderlegbar angenommen. Der Antragsgegner muss dem Scheidungsantrag dann nicht mehr zwingend zustimmen, damit die Scheidung rechtskräftig ist.
Was ist im Trennungsjahr zu beachten?
Während des Trennungsjahres gilt es, sich mit einigen wichtigen Punkte zu befassen: Zunächst einmal ist es erforderlich, dass die Trennung tatsächlich vollzogen wird. Dies bedeutet, dass die Ehepartner getrennte Wohnungen beziehen und ihr Leben unabhängig voneinander gestalten. Doch aus finanziellen, beruflichen oder familiären Gründen ist es nicht immer umsetzbar, dass ein Partner direkt auszieht. Demnach stellt sich für viele in puncto Scheidung und Trennungsjahr die Frage: Kann man auch getrennt in einer Wohnung oder einem Haus leben?
Prinzipiell lässt sich diese Frage mit Ja beantworten. Voraussetzung dafür ist, dass das vormalige Paar Tisch und Bett fortan strikt trennt. Das beinhaltet, dass die beiden Parteien eigene Schlafzimmer sowie bestenfalls Wohnbereiche haben, über eine getrennte Haushaltsführung verfügen und ihren Tagesablauf sowie Freizeitaktivitäten unabhängig voneinander gestalten. Unter diesen Umständen kann das Trennungsjahr in gemeinsamer Wohnung beziehungsweise im gemeinsamen Haus verbracht werden. Als Nachweis wird oftmals eine entsprechende Erklärung der Parteien verlangt, dass sie ihren Haushalt getrennt führen. Mitunter können jedoch andere Belege wie Kontoauszüge und Ähnliches verlangt werden.
Wie lässt sich das Trennungsjahr zeitlich nachweisen?
Wie lässt sich das Trennungsjahr einleiten beziehungsweise zeitlich nachweisen? Prinzipiell ist es ratsam, schriftlich festzuhalten, wann die Trennung erfolgte, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen. So können die Ehepartner beispielsweise eine schriftliche Vereinbarung über ihre Trennung treffen. Diese Vereinbarung kann wichtige Informationen wie das Datum des Auszugs eines Ehepartners oder die Trennung des gemeinsamen Haushalts innerhalb derselben Wohnung enthalten. Die Unterschriften beider Ehepartner auf der Vereinbarung dienen als Nachweis für das Trennungsjahr.
Einen weiteren Beleg liefert die Änderung der Steuerklasse: Ehepartner müssen im auf die Trennung folgenden Jahr ihre Steuerklasse wechseln, selbst wenn die Scheidung noch nicht rechtskräftig ist. Wenn etwa ein Ehepartner in dem auf die Trennung folgenden Kalenderjahr von der Steuerklasse IV in die Steuerklasse I wechselt, ist dies zugleich als dokumentierter Beginn des Trennungsjahres wertbar. Um dies zu belegen, ist es erforderlich, eine Erklärung zum Familienstand beim Einwohnermeldeamt abzugeben. Ein weiteres Kriterium zum zeitlichen Nachweis der Trennung ist gegebenenfalls eine Änderung der Meldeadresse, sofern einer der Partner ausgezogen ist.
Gibt es Ausnahmen vom Trennungsjahr?
Laut § 1565 Absatz 1 Satz 1 BGB kann die Ehe ausnahmsweise geschieden werden, bevor das Trennungsjahr abgelaufen ist. Dies gilt für solche Fälle, in denen die „Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.“ Eine solche Härtefallentscheidung wird mitunter bei Drogenmissbrauch, psychischer oder körperlicher Gewalt in der Ehe oder anderen Straftaten gegenüber dem Partner vom Familiengericht getroffen.
Trennungsjahr und gemeinsames Haus: Behalten oder verkaufen?
Wenn die Ehe gescheitert ist, ergeben sich für Eigentümer einer gemeinsamen Immobilie für das Trennungsjahr besondere Fragestellungen. Dabei geht es nicht nur um die Überlegung, ob ein Partner auszieht oder zunächst getrennt unter einem Dach gewirtschaftet wird. Vielmehr steht die Frage im Raum, was mit der – möglicherweise noch nicht abbezahlten – Immobilie passieren soll: Ist zum Beispiel ein Wohnungsverkauf beziehungsweise Hausverkauf im Trennungsjahr sinnvoll? Oder behält eine Partei die Immobilie? Sofern beide Eheleute gleichberechtigte Eigentümer sind, eröffnen sich prinzipiell die folgenden Optionen:
Die Partner einigen sich darauf, die Immobilie zu verkaufen. Ein Verkauf hat den Vorteil, dass das gemeinsam aufgenommene Darlehen schnell zurückgezahlt werden kann.
Die Immobilie wird behalten und das Darlehen weiterhin von beiden abbezahlt, wobei nur ein Partner darin wohnen bleibt. Die ausgezogene Partei erhält dann üblicherweise eine Ausgleichszahlung, etwa in Form einer Nutzungsentschädigung.
Eine Realteilung des Hauses oder ein gemeinsames Wohnrecht werden angestrebt.
Ein Partner behält die Immobilie und der Kredit wird vollständig auf ihn umgeschrieben.
Die Immobilie wird gemeinsam behalten und an eine dritte Partei vermietet.
Die Immobilie wird an die gemeinsamen Kinder überschrieben.
In vielen der genannten Fälle ist es ratsam, das Haus bewerten und den realistischen Wert der Immobilie, etwa durch einen Makler, ermitteln zu lassen. Dies ist wichtig, um die finanziellen Ansprüche jedes Ehepartners fair zu regeln. Grundsätzlich ist es wichtig, dass sich die Partner trotz Trennung und etwaiger Meinungsverschiedenheiten um eine sinnhafte und gerechte Lösung bemühen. Das Hinzuziehen eines Anwalts ist in jedem Fall vernünftig, um die rechtlichen Aspekte einzubeziehen und sich diesbezüglich professionellen Rat einzuholen.
Beachten Sie:
Bei einem Immobilienverkauf oder einer -übertragung im Rahmen eines Scheidungsverfahrens müssen Vermögensausgleichs- und Unterhaltsansprüche berücksichtigt werden. Es ist von Vorteil, sich fachmännisch beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Faktoren und Ansprüche angemessen bedacht werden.
Gibt es im Trennungsjahr einen Unterhaltsanspruch der Ehegatten untereinander?
Im Trennungsjahr kann grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch bestehen. Schließlich sind die Ehepartner in dieser Zeit rechtlich noch verheiratet und bilden demnach eine eheliche Solidargemeinschaft. Der wirtschaftlich schwächere Partner hat laut § 1361 BGB im Trennungsjahr nicht selten einen Anspruch auf Trennungsunterhalt, der bis zur Scheidung gilt. Dieser soll sicherstellen, dass der finanziell schwächer aufgestellte Ehepartner seinen angemessenen Lebensstandard aufrechterhalten kann. In die Höhe des Trennungsunterhaltes spielen verschiedene Umstände hinein, so ob gemeinsame Kinder vorhanden sind, wie viel der unterhaltspflichtige Partner verdient und wie viel dem Unterhaltsempfänger aus eigenem Erwerb heraus finanziell zur Verfügung steht.
Davon zu unterscheiden ist der nacheheliche Unterhalt. Nach dem Trennungsjahr und der Scheidung kann dieser Unterhalt gewährt werden, wenn ein Ehepartner aufgrund der Scheidung wirtschaftliche Nachteile erleidet oder nicht in der Lage ist, seinen eigenen Unterhalt angemessen zu verdienen. Die Voraussetzungen und die Dauer des nachehelichen Unterhalts können je nach individuellen Umständen variieren und werden vom Gericht entschieden.
Tipp:
Der Unterhaltsanspruch im Trennungsjahr entsteht nicht automatisch. Er muss vom Ehepartner verlangt beziehungsweise zwischen den Ehepartnern vereinbart oder gerichtlich festgelegt werden. Es wird empfohlen, sich während des Trennungsjahres mit einem Anwalt oder einer Anwältin zu beraten, um die eigenen Rechte und Pflichten im Hinblick auf den Unterhalt zu verstehen und entsprechende Vereinbarungen zu treffen.
Trennungsjahr: Frühzeitig um finanzielle Aspekte kümmern
Wenn ein oder beide Ehepartner sich scheiden lassen wollen, müssen vielfältige Regelungen getroffen werden. Insbesondere wenn Kinder oder eine gemeinsame Immobilie im Spiel sind, gestalten sich gegenseitige Ansprüche wie Unterhaltszahlungen oftmals komplex. Daher empfiehlt es sich, das obligatorische Trennungsjahr dazu zu nutzen, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen und am besten frühzeitig fachliche Unterstützung einzuholen, beispielsweise mit einem Anwalt sowie gegebenenfalls einem Immobilienmakler – zumindest sofern absehbar ist, dass es nach dem Ablauf des Trennungsjahres zu keiner Wiedervereinigung kommen wird. Auf diese Weise lassen sich Trennungsjahr und Scheidung für alle Beteiligten möglichst fair und einvernehmlich gestalten.