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Zugewinnausgleich: Das Ende der Zugewinngemeinschaft

Zugewinnausgleich: Ein Mann und eine Frau sitzen weit weg voneinander auf einer Couch und blicken einander unglücklich an.Das Ende einer Ehe ist eine schicksalhafte Situation, die das Leben stark verändert − einschließlich der persönlichen Vermögensverhältnisse. Wenn Sie keinen notariellen Ehevertrag abgeschlossen haben, sieht das Gesetz vor, dass im Scheidungsfall ein Vermögensausgleich zwischen Ihnen und Ihrem Ehepartner vorgenommen wird – der sogenannte Zugewinnausgleich. Was das konkret bedeutet, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was bedeutet Zugewinnausgleich?

Der Gesetzgeber bestimmt, dass in einer Zugewinngemeinschaft beide Ehepartner je zur Hälfte an einem Vermögenszuwachs während der Ehezeit teilhaben sollen. Endet die Zugewinngemeinschaft (durch Scheidung, den Tod eines Ehepartners oder einen Wechsel des Güterstands) wird der gemeinsam erwirtschaftete Zugewinn errechnet und geteilt. Übersteigt der Zugewinn des einen Partners den des anderen, kann letzterer beim Familiengericht einen Zugewinnausgleich beantragen. Der Ausgleichsanspruch umfasst die Hälfte des errechneten Überschusses. Das heißt: Hat ein Paar während der Ehezeit ein Vermögen von zusammen 50.000 Euro erwirtschaftet, bekommt jede Partei 25.000 Euro.

Zugewinngemeinschaft: Ehelicher Güterstand

Die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Eheleuten werden im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Demgemäß leben die Partner von Beginn der Eheschließung an in einer Zugewinngemeinschaft (gesetzliches eheliches Güterrecht). Eventuell gewünschte andere güterrechtliche Beziehungen zum Ehepartner können in einem notariell beglaubigten Ehevertrag vereinbart werden.

Was bedeutet Zugewinngemeinschaft?

Nach der Heirat ändert sich für die Ehepartner in einer Zugewinngemeinschaft vermögensrechtlich gesehen zunächst nicht viel. Die Vermögen bleiben getrennt. Jeder Ehepartner verwaltet sein Vermögen weiterhin selbst und haftet weiter für eigene Verbindlichkeiten. Eine Haftung für die Schulden des Ehepartners ist nur dann möglich, wenn eine solche Verpflichtung ausdrücklich vereinbart wurde. 

Erst wenn die Zugewinngemeinschaft durch Tod eines Ehepartners oder durch Scheidung endet, wird der gemeinsam erwirtschaftete Zugewinn errechnet und hälftig geteilt – es erfolgt der Zugewinnausgleich.

Was bedeutet Zugewinn?

Für viele Betroffene stellt sich die Frage beim Zugewinnausgleich, ab wann der Zugewinn berechnet wird. Um den Zugewinn zu ermitteln, werden Anfangs- und Endvermögen der Eheleute unterschieden. Als Anfangsvermögen werden sämtliche Vermögenswerte bezeichnet, die ein Ehepartner am Tag der Eheschließung hat. Hierzu gehören beispielsweise Bankguthaben oder Immobilien. Von diesem Anfangsvermögen werden eventuelle Verbindlichkeiten (Schulden) abgezogen. Sind keine Nachweise wie Sparbücher und Bankunterlagen über ein Anfangsvermögen vorhanden, wird das Anfangsvermögen mit 0 Euro angesetzt. Als Endvermögen wird das Vermögen bezeichnet, über das jeder Ehepartner am Ende der Ehezeit verfügt. Die Differenz zwischen Anfangsvermögen und Endvermögen wird als Zugewinn bezeichnet.

Wie wird der Zugewinn berechnet?

Die Formel für die Berechnung des Zugewinns lautet: Endvermögen − Anfangsvermögen = Zugewinn.

Gut zu wissen:

  • Der Zugewinn wird für den Zeitraum berechnet, in dem die Zugewinngemeinschaft bestand.

  • Die Zugewinngemeinschaft beginnt mit dem Tag der Eheschließung.

  • Die Zugewinngemeinschaft endet bei Scheidung an dem Tag, an dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehepartner zugestellt worden ist. 

  • Im Todesfalle endet die Zugewinngemeinschaft mit dem Tag, an dem der Ehepartner verstorben ist.

Beispiele für Zugewinnausgleich: Was gehört dazu?

1. Beispiel

Teil des Zugewinns

Bankguthaben, Häuser, Eigentumswohnungen, Unternehmensanteile, Grundstücke, Wertpapiere, Lottogewinne und Kunstgegenstände sind, sofern sie nicht zum Anfangsvermögen gehören, Teil des Zugewinns.

Kein Zugewinn

Erworbene Rentenansprüche sind in der Regel nicht Teil des Zugewinns. Sie werden im Rahmen des Versorgungsausgleichs im Verhältnis 50:50 geteilt. Ausnahme: Private Rentenversicherungen, bei denen eine Einmalauszahlung vorgesehen ist, können in die Berechnung des Zugewinns mit einfließen.

2. Beispiel

Teil des Zugewinns

Ein Oldtimer, der während der Ehezeit als Sammlerstück angeschafft wurde, ist Teil des Zugewinns.

Kein Zugewinn

Haushaltsgegenstände sind nicht Teil des Zugewinns. Ein Auto, das als „Familienkutsche“ dient, wird in der Regel dem Haushalt zugerechnet.

Berechnung des Zugewinnausgleichs: Sonderfälle und Ausnahmen

  1. Erbschaften (sogenannter privilegierter Erwerb): Ein Ehepartner erbt während der Ehe ein Haus von den Großeltern. Dieses wird dem Anfangsvermögen des Erben zugerechnet. Lediglich eine eventuelle Wertsteigerung während der Ehezeit findet Einzug in die Berechnung des Zugewinns. 

  2. Schenkungen: Ein Ehepartner erhält von seinem Patenonkel eine größere Geldsumme. Die Schenkung dient der Vermögensmehrung des Beschenkten und ist aus der persönlichen Beziehung des Beschenkten zum Zuwendungsgeber entstanden. In diesem Fall wird der geschenkte Betrag dem Anfangsvermögen des Beschenkten zugerechnet. 

  3. Ausnahme bei Schenkungen zur Deckung der laufenden Lebenshaltungskosten: Die Großeltern der Ehefrau schenken dem Ehepaar Geld zur Finanzierung eines Urlaubs. Es handelt sich um eine Schenkung zur Deckung der laufenden Lebenshaltungskosten. Diese Zuwendung zählt in die Berechnung des Endvermögens hinein.

Mann und Frau sitzen einem Anwalt gegenüber und besprechen den Zugewinnausgleich.

Wann muss der Zugewinnausgleich bezahlt werden?

Im Scheidungsfall entsteht der Anspruch auf Zugewinnausgleich an dem Tag, an dem die Scheidung rechtskräftig geworden ist. Der Zugewinnausgleich erfolgt jedoch nicht automatisch. Die Zahlung muss beim Familiengericht beantragt werden. Ein Antrag auf frühzeitige Auszahlung (vor Rechtskraft der Scheidung) beim Familiengericht ist ebenfalls möglich. Grund für einen solchen Antrag durch den potenziell benachteiligten Ehegatten kann eine illoyale Vermögensminderung sein – etwa große Geldzuwendungen des ausgleichpflichtigen Ehegatten an Dritte.

Gut zu wissen:

Ein Zugewinnausgleich kann auch auf außergerichtlichem Wege erfolgen. Voraussetzung hierfür ist eine notariell beglaubigte Scheidungsfolgenvereinbarung.

Wie erfolgt der Zugewinnausgleich?

  • Die Auszahlung des Zugewinns geht in der Regel in Form einer Geldzahlung an den berechtigten Partner vonstatten. 

  • Eine Ratenzahlung kann beantragt werden, wenn eine Komplettüberweisung für den zahlungspflichtigen Partner eine besondere Härte darstellen würde und dem zahlungsempfangenden Partner die Wartezeit zugemutet werden kann.

Wann entfällt der Zugewinnausgleich?

In folgenden Fällen tritt kein Zugewinnausgleich ein: 

  • Es wurde kein entsprechender Antrag beim Familiengericht gestellt, beispielsweise weil eine private Einigung zustande kommen konnte.

  • Es ist kein Zugewinn vorhanden.

  • Ebenso kann eine Verjährung dazu führen, dass der Zugewinnausgleich nicht eintritt.

Wann verjährt der Zugewinnausgleich?

Wie lange Zugewinnausgleich beantragt werden kann, richtet sich nach der gesetzlichen Verjährungsfrist. Gemäß § 195 BGB verjährt der Anspruch in der Regel nach drei Jahren. Beginn der Verjährungsfrist ist dabei das Ende des Jahres, in dem der Anspruch auf Zugewinnausgleich entstanden ist, also zum Beispiel durch die rechtskräftig gewordene Scheidung.

Gut zu wissen:

  • Eine abweichende Frist kann in einer notariell beglaubigten Scheidungsfolgenvereinbarung vereinbart werden. 

  • In bestimmten Fällen ist eine Unterbrechung der Verjährung möglich, die auch „Hemmung“ genannt wird. Eine solche tritt etwa auf, wenn der Zugewinnausgleich bei Gericht beantragt wird. Ein weiterer Grund ist die Beantragung einer Auskunft über die Vermögensverhältnisse des Ehepartners vor Bezifferung der Forderung.

  • Wird bis zum Ende der Verjährungsfrist kein Zugewinnausgleich beantragt, verfällt der Zahlungsanspruch.

Gibt es einen negativen Zugewinnausgleich?

Die Ehe als Zugewinngemeinschaft ist vom Gesetzgeber ausdrücklich unter dem Begriff des Zugewinns zu verstehen und nicht als Verlustgemeinschaft. Ein negativer Zugewinnausgleich existiert demnach nicht: Liegt am Ende der Zugewinngemeinschaft kein Zugewinn vor, sondern ein Verlust, ist ein Ausgleich vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Zugewinnausgleich: Wer bezahlt den Gutachter?

Die Formel „Zugewinn = Endvermögen – Anfangsvermögen“ erscheint sehr einfach. In der individuellen Situation kann es jedoch durchaus kompliziert sein, die genauen Vermögenswerte, etwa von Unternehmen, zu ermitteln.

Grundsätzlich gilt:

  • Jeder Ehepartner ist verpflichtet, dem anderen Auskunft über die Höhe seines oder ihres Endvermögens zu erteilen.

  • Jeder Ehepartner hat das Recht, eine Wertermittlung von Vermögensgegenständen, beispielsweise von Immobilien, von dem anderen Partner zu verlangen.

  • Ist das Verlangen rechtens, ist der andere Ehepartner verpflichtet, die Wertermittlung durch einen Sachverständigen zu dulden. 

  • Die Kosten für den Gutachter trägt derjenige Ehepartner, der die Wertermittlung durch eine sachverständige Person in Auftrag gegeben hat.

Gibt es legale Tricks, um den Zugewinnausgleich möglichst niedrig zu halten?

Vor allem bei Scheidungen fragen sich Betroffene häufig, ob es legale Tricks beim Zugewinnausgleich gibt, um diesen möglichst gering zu halten. Hierbei ist Vorsicht geboten und das Anwenden von Tricks ist grundsätzlich nicht empfehlenswert. Die drei folgenden Informationen sollten Sie beachten:

  • Der Stichtag für die Berechnung des Endvermögens ist der Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird. Eine frühzeitige Einreichung des Scheidungsantrags nach dem Trennungsjahr ist eine gute Möglichkeit, den Zeitraum, für den der Zugewinn ermittelt wird, möglichst klein zu halten.

  • Werden neue Vermögenswerte nach dem Stichtag angeschafft, finden sie keine Berücksichtigung bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs.

  • Umfangreiche Zuwendungen an Dritte oder große, überflüssige Geldausgaben im Trennungsjahr gelten als sogenannte illoyale Vermögensminderung. Der Ehepartner, zu dessen Nachteil die Vermögensverschwendung erfolgt, muss diese nicht hinnehmen. Vor Gericht genügt es, wenn schlüssig darlegt wird, dass eine illoyale Vermögensminderung stattgefunden hat. Diese wird dann rechtlich so angesehen, als hätte sie sich nicht ereignet – das verschwendete Vermögen fließt in die Berechnung des Zugewinns ein.

Zugewinnausgleich – wann ist die sofortige Zahlung nicht zumutbar?

Das während der Ehezeit gemeinsam erworbene Vermögen wird am Ende der Ehe geteilt. Das hört sich einfach und gerecht an. Steckt das Vermögen, das geteilt werden soll, allerdings in Unternehmen und Immobilien, kann die Verpflichtung zu einer Ausgleichszahlung in Geldform für den Zahlungspflichtigen unter Umständen problematisch werden. Um das zu verhindern, hat der Gesetzgeber einige Möglichkeiten vorgesehen:

  • Der zur Zahlung des Zugewinnausgleichs verpflichtete Ehepartner kann eine Stundung der Ausgleichsforderung (Ratenzahlung) beantragen, wenn ihm oder ihr die sofortige Zahlung des gesamten Betrages unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nicht zumutbar ist.

  • Die sofortige Zahlung ist mitunter dann nicht zumutbar, wenn dadurch die Wohn- und Lebensverhältnisse zu Lasten gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder verschlechtert würden.

  • Um den Zugewinnausgleich maßgeblich zu beeinflussen, können scheidungswillige Eheleute noch vor der tatsächlichen Scheidung eine notariell beglaubigte Scheidungsfolgenvereinbarung treffen. In dieser können Sie beispielsweise festlegen, dass der Zugewinnausgleich ganz oder teilweise entfällt. 

  • Möglich ist es auch, eine sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft in einem notariellen Ehevertrag zu vereinbaren. Auf diese Weise können etwa bestimmte Vermögenswerte aus dem Zugewinn ausgeklammert werden. Ebenso denkbar ist eine Übertragung von Sachwerten anstelle eines monetären Ausgleichs.

Fazit: Klare Verhältnisse erleichtern Zugewinnausgleich

Ob im Falle des Todes eines Ehepartners oder einer Scheidung – in einer emotionalen Ausnahmesituation ist eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung immer schwierig. Möglichst klare finanzielle Verhältnisse erleichtern diesen Prozess ungemein. So ist es zum Beispiel hilfreich, zu Beginn einer Ehe eine eingebrachte Immobilie bewerten zu lassen und gegebenenfalls einen Ehevertrag abzuschließen, in dem wichtige vermögensrechtliche Positionen klar geregelt werden.

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